LEGAL SPEND MANAGEMENT SOFTWARE VS. AP-SYSTEME

WELCHE SOFTWARE-VARIANTE IST FÜR DAS VERWALTEN VON RECHTSKOSTEN AM BESTEN GEEIGNET? 

Zahlreiche Rechtsabteilungen sehen sich mit dem Einwand konfrontiert, dass Rechtsausgaben auch mit bereits bestehenden Unternehmenssoftwarelösungen verwaltet werden können. Dazu müssten in der Regel die standardisierten Einkaufsprozesse des Unternehmens in der Rechtsabteilung implementiert werden. Diese sehen zum Beispiel eine Bestellnummer (PO-Number) vor. Gängige Buchhaltungsverfahren und -software berücksichtigen jedoch nicht die Besonderheiten der juristischen Auftragsvergabe sowie des Legal eBillings und sind daher kein adäquater Ersatz für eine spezielle Rechtsabteilungs-Software. Selbst generische Beschaffungssoftware kann die heutigen Anforderungen an ein verantwortungsvolles Legal Spend Management nicht erfüllen. In diesem Artikel gehen wir näher auf die Gründe dafür ein. 

AP, ERP UND BESCHAFFUNGS-SYSTEME 

Accounts Payable (AP) oder Enterprise Resource Planning (ERP) -Systeme sammeln und verwalten Buchhaltungsdaten für alle Dienstleister des Unternehmens. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil des Einkaufssystems, in welchem Bestellungen und Rechnungen nach Dienstleister verwaltet werden. Das System nimmt automatisch Buchungen als Reaktion auf betriebliche Transaktionen vor und speichert eine Buchungsnummer für jede Transaktion. Allgemeine Rechnungsinformationen wie Rechnungsaussteller und -empfänger, Rechnungsbetrag sowie Datum und Rechnungsnummer werden automatisch im System erfasst. 

Klassische Beschaffungssysteme enthalten in der Regel Funktionen, die eine elektronische Dienstleisterauswahl, Bestellungen und Bestellverfolgung durch die Einkaufsabteilung sowie die Beschaffungslogistik ermöglichen. Die Einführung entsprechender Tools zielt darauf ab, den Aufwand und die Kosten pro Bestellung zu reduzieren, indem der Bestellprozess automatisiert wird und einheitliche Dienstleisterlisten mit vorab genehmigten Konditionen im System hinterlegt werden. Darüber hinaus ermöglichen die meisten Tools eine elektronische Rechnungsstellung seitens der Dienstleister. 

DIE BESONDERHEIT DES BESCHAFFENS UND ABRECHNENS VON JURISTISCHEN DIENSTLEISTUNGEN 

Im Gegensatz zu den meisten anderen Dienstleistungen wird die Rechtsberatung in der Regel nicht von der Beschaffungsabteilung, sondern von der Rechtsabteilung oder direkt von einer Business Unit in Auftrag gegeben. Dies hat zur Folge, dass die üblichen Beschaffungsprozesse nicht angewandt werden können und regelmäßig Bestellungen getätigt werden, die nicht dem gängigen Unternehmensprozess entsprechen (beispielsweise eine Bestellung ohne PO Nr.). Dadurch gerät die Abteilung, die die externe Rechtsberatung beauftragt hat, schnell in den Verdacht „Maverick Buying“ zu betreiben und Leistungen außerhalb der vorgegebenen Beschaffungsrichtlinien einzukaufen. Insofern ist die Reaktion nachvollziehbar, Rechtsberatung genauso zu behandeln wie externe Dienstleister. Die Herausforderung dabei ist, dass Rechtsdienstleistungen oft ad hoc bestellt werden, da sich ihr Aufgabenfeld meist auf dringende Angelegenheiten bezieht. Darüber hinaus werden Kanzleien häufig auf informeller Basis, z.B. per Telefon, beauftragt.   

Das klassische Bestellverfahren ist hierfür ungeeignet, da es zu zeitaufwendig ist und zudem die Angabe eines Auftragswertes erfordert. Solche Informationen sind zum Zeitpunkt der Beauftragung einer Kanzlei oft noch nicht bekannt, da Anwaltshonorare in der Regel auf Stundensatzbasis abgerechnet werden und der tatsächliche Umfang eines Projektes erst im Laufe der Mandatsarbeit ersichtlich wird. Viele Rechtsabteilungen versuchen, den Beschaffungsrichtlinien zu folgen, indem sie zu Beginn des Jahres eine PO-Nummer mit einem bestimmten Budget und der Definition „allgemeine Rechtsberatung“ aufgeben. Ein solcher Sammelbegriff hat genau den gegenteiligen Effekt zu dem, was durch ein erfolgreiches Legal Spend Management erreicht werden soll: Die Zuordnung der in Rechnung gestellten Kosten zu bestimmten Projekten und Aktivitäten. Was auf den ersten Blick wie eine verständliche und rationale Idee erscheinen mag, nämlich „Anwaltskanzleien auf Basis der üblichen Beschaffungsprozesse zu beauftragen“, erweist sich bei näherer Betrachtung als ineffektiv, da es die Transparenz und Plausibilität der Rechtskosten nicht erhöht – eher im Gegenteil. 

Hinzu kommt, dass Rechnungen für Rechtsdienstleistungen in der Regel deutlich komplexer sind als Rechnungen anderer Dienstleister. Die zugehörigen Line Item-Beschreibungen füllen mitunter ganze Ordnerwände und ein Vergleich und eine Überprüfung der Rechnungsbeträge ist aufgrund der hohen Komplexität nur schwer möglich. Fortschrittliche Rechtsabteilungen verwenden daher Billing Guidelines und Engagement Letters, die klare Vorgaben für abrechenbare Tätigkeiten, Spesen und Timekeeper definieren. Die klassische Beschaffungssoftware unterstützt jedoch keine automatisierte Prüfung dieser rechtsspezifischen Billing Guidelines, sodass sie letztlich ins Leere laufen. Eine manuelle Prüfung durch Anwälte oder Legal Operations Manager der Rechtsabteilungen ist wirtschaftlich nicht sinnvoll. Diese sollten ihre Zeit mit hochwertiger juristischer Arbeit verbringen – nicht mit fehleranfälligen Verwaltungsaufgaben. Es spricht viel dafür, die Einhaltung von Billing Guidelines durch eine speziell dafür entwickelte Software zu automatisieren und gleichzeitig die Rechtsabteilung von administrativen Aufgaben zu entlasten. 

  1. EINDEUTIGE BUDGETIERUNG UND KOSTENZUORDNUNG 
    Eine Legal Spend Management Software stellt sicher, dass alle hochgeladenen Rechtskosten automatisch einer bestimmten Matter zugeordnet werden. Rechtsabteilungen können Matter selbst erstellen oder von ihren Kanzleien erstellen lassen. Bei einer komplexen Transaktion lassen sich zum Beispiel mehrere Matter-Phasen als separate Sub-Matter mit eigenen Budgets und unterschiedlichen Kostenstellen angelegen. Wenn mehrere Kanzleien an einer Matter arbeiten, können jeweils unterschiedliche Budgets zugewiesen werden. Darüber hinaus ermöglicht die Software, dass juristische Projektkosten einzelnen Tochtergesellschaften innerhalb des Konzerns zugewiesen werden. Mit diesen Details lassen sich Kosten klar zuordnen und effektiv verwalten. 
  1. AUTOMATISIERTE EINHALTUNG VON BILLING GUIDELINES 
    Rechtsabteilungen können ihre Billing Guidelines in ein Legal Spend Management Tool auf Kanzlei- oder Matter-Ebene eingeben. Das System prüft automatisch die in Rechnung gestellten Aktivitäten, den Umfang der Aktivitäten und die verauslagten Beträge mit den zuvor hinterlegten Billing Guidelines. Etwaige Unstimmigkeiten werden markiert oder – je nach bevorzugten Einstellungen der spezifischen Regeln, Matter oder Kanzleien – direkt abgelehnt. Da die Alternative dazu ein fehleranfälliges und zeitaufwändiges manuelles Überprüfen erfordert, führt der automatisierte Prozess zu erheblichen Kosteneinsparungen. Außerdem werden Rechnungen schneller bezahlt und viele Rechtsabteilungen konnten aufgrund der verkürzten Zahlungsdauer bessere Tarife mit ihren externen Rechtsdienstleistern aushandeln. 
  1. MATTER MANAGEMENT 
    Zusätzlich zu diesen grundlegenden Funktionen erfassen moderne Legal Spend Management-Systeme auch detaillierte Informationen zu Mattern, wie z.B. das Rechtsgebiet, die Gerichtsbarkeit und die Senioritätsstufe des Timekeepers. Da die Daten in einem strukturierten Format vorliegen, kann auf Knopfdruck ein vollständiges Reporting erstellt werden. Ein solches Reporting kann z.B. quartalsweise Auskunft über die aktuellen Kosten pro Matter geben, aufgeschlüsselt nach den vorgenannten Projektfeldern. Moderne Spend Management Lösungen können auch mit einer beliebigen Anzahl von Drittanbieter-Projekten, Dokumenten oder IP Management Systemen integriert werden. Die Legal Spend Management Software ist geeignet, als führendes Reporting-Tool der Rechtsabteilung zu fungieren; sie ist die Single-Source-of-Truth. 
  1. DATENGETRIEBENS LEGAL MANAGEMENT 
    Die erfolgreiche Implementierung eines Legal Spend Management-Systems bietet der Rechtsabteilung einen zentralen und sicheren Zugriff auf Rechnungsdaten. Die Ausgabe-Daten stehen in einer hohen Granularität zur Verfügung, da juristischen Kodierungsstandards sicherstellen, dass ausreichend Informationen über den Timekeeper und die abgerechneten Aktivitäten erfasst werden. Es ist daher jederzeit möglich, Reports über Tätigkeiten, Tätigkeitsarten oder Ausgaben zu erstellen. Durch die gewonnene hohe Transparenz der Rechtskosten können datenbasierte Entscheidungen getroffen werden. Dies gilt sowohl für kurzfristige Entscheidungen wie z.B. die Begrenzung des Rechercheumfangs während eines Projektes, als auch für langfristige Strategien, wie z.B. das Insourcing wiederkehrender juristischer Arbeiten und die entsprechende Schaffung neuer Inhouse-Rollen. Die Reporting- und Analysemodule sind auf die Anforderungen der Rechtsabteilung zugeschnitten und können auf Konto- oder Benutzerbasis konfiguriert werden. Die Analytik kann zur Auswertung aller Projekte und Kanzleien über eine beliebige Kombination von Feldern innerhalb des Systems genutzt werden. Die Reporting- und Analysewerkzeuge liefern hilfreiche Informationen, die Rechtsabteilungen nutzen können, um datenbasierte Entscheidungen zu treffen, wie beispielsweise welche Kanzleien sie für bestimmte Arten von juristischer Arbeit oder Matter beauftragen oder um bessere Stundensätze und alternative Honorarvereinbarungen auszuhandeln. 
  1. AUFZEICHNEN UND KOMMUNIZIEREN VON WORK-IN-PROGRESS (WIP) 
    Kanzleien können nicht abgerechnete Tätigkeiten in regelmäßigen Zeitabständen, zum Beispiel wöchentlich oder monatlich, in das Legal Spend Management-System eingeben. Die Rechtsabteilung kann über die WIP-Funktionalität jederzeit auf den aktuellen Kostenstatus ihrer Projekte zugreifen, um die Budgets im Auge zu behalten und die Budgeteinhaltung sicherzustellen. Dies ermöglicht der Rechtsabteilung eine genauere Prognose und Budgetierung und reduziert zudem Überraschungen bei der Rechnungsstellung. Rechtsabteilungen können ausstehende Kosten für Prüfungen am Jahres- und Quartalsende vorhersagen und automatisierte Reports erstellen, um die Kosten an die Finanzabteilung oder die Wirtschaftsprüfer zu übermitteln. 

    Darüber hinaus bietet die Verfolgung von WIP ein Maß an Transparenz, das unerwünschte Entwicklungen verhindert; Leistungen, die über den Umfang hinausgehen, können schnell erkannt und frühzeitig besprochen werden. Insgesamt neigen Kanzleien dazu, ihre Zeiten genauer zu erfassen, was auch im Interesse des Mandanten ist. 
  1. BESCHAFFUNGS- UND BEFRAGUNGSMODULE 
    Rechtsabteilungen können mit dem Sourcing-Modul von Onit’s Legal Spend Management Lösung schnell und einfach Honorarangebote von Anwaltskanzleien einholen. Dabei wird ein Standardprozess verwendet, der einen fairen Vergleich zwischen den verschiedenen Angeboten der Kanzleien ermöglicht. Der Wettbewerbscharakter einer Ausschreibung führt letztlich zu besseren Preisen. Die durch den Sourcing-Prozess gewonnenen Preisdaten können von der Rechtsabteilung zur Verbesserung ihrer Budgetierung genutzt werden. Nach Abschluss eines Projektes besteht zudem die Möglichkeit, die Leistung der Kanzlei zu bewerten. So wird beispielsweise die Qualität der erbrachten Rechtsberatung, die Einhaltung von Fristen, Terminen und Budgets sowie die Reaktionsfähigkeit bewertet. Dieses Feedback kann mit den entsprechenden Kanzleien geteilt werden, um so die Beziehung zu verbessern. Es ist auch möglich, Feedback von den Kanzleien anzufordern, um deren Sichtweise auf die Qualität der Zusammenarbeit zu erfahren. Werden diese Funktionen konsequent genutzt, basiert die Entscheidung, welche Kanzlei für eine bestimmte Matter oder ein Rechtsgebiet beauftragt wird, nicht mehr auf einem Bauchgefühl, sondern auf fundierten Daten. 

AUSWIRKUNGEN AUF FINANZEN UND EINKAUF 

Legal Spend Management Software bietet erhebliche Vorteile, die generische Systeme nicht bieten können. Sie sollte jedoch nicht als Alternativlösung zu AP- oder Beschaffungssystemen gesehen werden, sondern als Ergänzung. Moderne Legal Spend Management-Systeme sind so konzipiert, dass sie sich mit jeder Software mit offenen Schnittstellen integrieren lassen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die besten Ergebnisse durch die Kombination dieser beiden Lösungen erzielt werden können. So kann die Rechtsabteilung ein effektives Legal Spend Management betreiben und die Finanzabteilung erhält die relevanten Informationen zeitnah in das AP-System. Ein Legal Spend Management-Tool wirkt also wie ein Trichter, der dem zentralen AP-System vorgelagert ist, sammelt wertvolle rechtsspezifische Informationen und wirkt sich damit positiv auf die Qualität wichtiger Informationen für Einkauf und Finanzen aus. 

Aus dem englischen Original-Blog übersetzt. 

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